Steuerrecht – Anspruch auf Zahlung von Kindergeld auch im Zweitstudium!

von Rechtsanwalt Uwe-Carsten Glatz und stud. iur. Helena Gavrilovic

 

Eine Definition des Begriffs Ausbildungsabschnitt enthält das Einkommenssteuergesetz (EStG) nicht. Grundsätzlich gelten jedoch als Ausbildungsabschnitte im Sinne der Bestimmung nicht nur die Teile einer auf einen bestimmten Beruf gerichteten Ausbildung sondern auch volle, in sich geschlossene Ausbildungsgänge mit unterschiedlichem Berufsziel. Schließlich ist der Begriff nach Ansicht des Senats nicht darauf beschränkt, dass eine Ausbildung nur für einen einzigen Beruf erfolgen könnte. Vielmehr fallen unter den Begriff der Ausbildung auch Sachverhalte, in denen sich ein Kind im unmittelbaren Anschluss an eine vollendete Berufsausbildung zu einer weiteren Berufsausbildungsmaßnahme mit dem Ziel eines anderen, weiteren Berufs entschließt, um letztlich eine gegenüber der bereits vollendeten Ausbildung höherwertige Berufsausbildung zu erreichen.

Die Auslegung der Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG liegt laut Gesetz im allgemeinen sowohl im Interesse des Kindes als auch des Kindergeldberechtigten, die Berufswahl möglichst weitgehend selbst zu gestalten. Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankommt, muss der Tatbestand „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss erfüllt sein. Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen sind dann als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das – von den Eltern und dem Kind – bestimmte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann.

Gemäß BFH- Urteil vom 03.09.2015 – VI R 9/15 ist ein Masterstudium jedenfalls dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn es zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangen Bachelorstudiengang abgestimmt ist und das – von den Eltern und dem Kind – bestimmte Berufsziel erst darüber erreicht werden kann.

 

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